Es dauerte nicht lange, bis ich den betreffenden Ort Namens Seattle erreicht hatte und die Dämonen fand, die dort ihr Unwesen trieben.
Elegant und majestätisch landete ich auf einem Hausdach und setzte mich, ließ meine Beine baumsln und sah ihnen ein paar Sekunden zu. Dann beugte ich mich vor, weobei mir meine weißen Haare ins Gesicht fielen: "An eurer Stelle würde ich lieber aufhören. Der Himmel befiehlt es euch! Weichet von diesem Ort!" Sie ließen sich nicht davon beeindrucken.
Anschließend entbrannte ein Kampf. Allerdings waren es mehr als gedacht. Ich konnte drei oder vier erledigen, als ich jedoch zunehmend in Bedrängnis geriet. Einer groff mich von hinten an und streckte mich nieder. Schon bald lag ich ambiden, mein silbriges Blut quoll aus meinen Wunden und ließ die Straße silbrig glänzen. Es begann zu regnen. Das Rauschen des Regens war ein wenig beruhigend. Es ist vorbei. Tut mir leid, Bruder. Ich habe versagt... Vor Schmerz schrie ich auf, als sie begannen, mir die Flügel rauszureißen. Dabei entging mir nicht, wie mein Bewusstsein immer mehr dahin schwand. Ich habe versagt...

Meine Fluglinie war nicht eben gerade, aber immerhin flog ich nirgends dagegen, was mir sonst durchaus ab und zu passierte. Allerdings hatte ich einen ziemlichen Drall mach rechts und so kam es, dass ich einen Blick in eine der Straßen warf, die da unter mir lagen. Der Regen machte meine Flügel schwer und plötzlich sah ich dort unten etwas silbernes glänzen. Silbern wie das Blut eines Engels. Aus einem Gefühl im Magen heraus beschloss ich unten zu landen. Meine Füße trafen schwer auf dem Asphalt auf und meine Haare hingen mir ins Gesicht. Die Dämonen, die etwas am Boden bearbeiteten sahen auf und schraken zusammen. Es waren wohl keine besonders starken, dafür aber waren sie viele. Es dauerte kaum zwei Sekunden bis sie mich erkannten. Ich hatte leider einen gewissen Ruf in unserer Welt inne. "Das ist dieser irre Dämon." "Meinst du der, der alles und jeden umbringt?" "Verdammt, schnell weg hier, das ist der Engel nicht wert!" Gesagt getan. Schneller als mein betrunkenes Gehirn die Situation verstehen konnte waren sie auch schon weg und ließen eine blutige Person mit weißem Haar zurück. Haar das mir beunruhigend vertraut vorkam. Als ich erkannte wer da lag fühlte ich mich mit einem Schlag stocknüchtern. Shion? Mein Atem ging schwerer und ich stürzte mit einem Mal nach vorne, mich neben dem verletzten Engel auf die Knie fallen lassend. Bruder! Ich zögerte eine Sekunde, doch wagte es dann doch ihn zu berühren und auf die Seite zu drehen.

Ich hörte Stimmen, aber es klang, als kommen diese aus weiter Ferne. Daher achtete ich nicht sonderlich auf diese. Fühlt es sich so an, zu sterben? So schmerzvoll? Erstaunt stellte ich fest, dass sich die Dämonen aus dem Staub machten, regungslos blieb ich liegen, auch wenn mir diese Stimme sehr vertraut vor kam.
Der Wind spielte mit den Federn meiner Flügel, die teilweise auch leicht silbrig von dem Blut glänzten, mit dem sie benetzt waren. Als auf die Seite gedreht wurde, sah ich durch meine halb geschlossene, weiße Augen Akzariel. Ich konnte es nicht richtig glauben und hob eine Hand, zitterte sehr, und berührte seine Wange. Er ist es wirklich! "A-akzariel, Bruder", brachte ich hervor, meine Stimme war schwach und zittrig. Dann brachte ich ein trauriges Lächeln zustande, während mir eine Träne aus dem Augenwinkel lief. "Fast... Fast schon wie... Wie in alten Zeiten, was?", brachte ich dann heraus, meine Stimme klang schwächer, "sowohl in meinen... Pflichten als Engel… als auch in denen, als... Als Bruder..."

Tränen traten in meine Augen, als Shion mich erkannte und sacht meine Wange berührte. Ich zuckte zwar kurz, blieb aber doch wo ich war. Ich hatte seit Jahrzehnten keine Träne mehr vergossen, aber meinen geliebten Zwilling nun so hier liegen zu sehen war zu viel. Ich zog den Engel vorsichtig in meine Arme. So viel Körperkontakt war ungewohnt, doch nicht ungewollt. Red doch nicht so einen Unsinn. Ich sah mich um. Warum bist du hier? Warum alleine? Wer hatte ihn hergeschickt? Shion war nie ein Kämpfer gewesen, sondern immer von friedlicher Natur. Was... wenn er hier starb? Es fühlte sich an, als würde sich ein Eissplitter in mein geschundenes Herz bohren bei diesem Gedanken.

Er zog mich in seine Arme. Mehr Tränen liefen mir über die Wangen. Es war lange her, seit wir uns zuletzt so nahe gewesen waren. Auf seine Fragen hin antwortete ich: "Es sollten… weniger sein... Eine einfache Mission, die selbst so jemand wie ich… hinbekommen hätte sollen. Es waren... Zu viele", erklärte ich mit zitternder Stimme.

Diese Idioten. Schon gut Shion. Ich wollte nicht das er weinte. Du hast gute Arbeit geleistet. Das stimmte, immerhin hatte er einige der Dämonen niedergestreckt, doch hauptsächlich sagte ich das um ihn zu beruhigen. Ich musste ihm helfen. Wenn ich das nicht tat, könnte er sterben. Doch wie sollte ich das anstellen? In die Welt der Engel konnte ich ihn nicht bringen und in die Welt der Dämonen auch nicht. Zu ersteren hatte ich keinen zutritt und zweitere würde ihm schaden.

Es bedeutete mir viel, diese Worte aus seinem Mund zu hören, sie waren wie Balsam für meine Seele. "Das bedeutet mir viel", kam es leise von mir, "Ich hätte nie gedacht, dass sterben so weh tut..." Ich klammerte mich an ihn wie ein Ertrinkender an rettendes Treibholz. "Ich bin so müde", kam es leise von mir, meine Augenlider flatterten.

Ich bedeutete ihm immer noch etwas? Ich konnte es nicht glauben, doch etwas anderes benltigte meine Aufmerksamkeit. Nein. Nein! Shion! Shion bleib wach. Sieh mich an Bruder, bitte. Du kannst nicht... sterben. Meine Stimme brach vor dem letzten Wort und ich zwang mich dazu durchzuatmen. Ich musste ihm helfen. Sofort. Ich stand auf und hob meinen Zwilling auf meine Arme. Ich breitete meine schwarzen Schwingen aus und stieß mich vom Boden ab. Mein Kopf war klar, doch an meinen Navigationskünsten bemerkte ich wieder meinen Alkoholkonsum. Ich hiel Shion eng an meiner Brust und schützte ihn mit meinem eigenen Körper vor dem prasselndem Regen, der das fliegen noch einmal erschwerte. Alles wird gut Bruder. Bleib nur wach, bitte.

Das er nicht wollte, dass ich starb, berührte mein Herz. Es tat mir gut, dass das Band, das uns als Brüder verband, trotz allem nach wie vor bestand. "Ich… ich versuche es… für dich…", brachte ich schwach hervor.
Dabei bemerkte ich nur schwach, wie er mich auf seine Arme hob und hoch hob, um loszufliegen. Dabei bekam ich kein Regen ab, er schützte mich mit seinem Körper vor dem Regen.

Vielleicht kann ich ihn Ablenken? Erinnerst du dich noch, als wir Kinder waren? Als wir Gabriel in diese Höhle gelockt und ihn dann erschreckt haben? Es tat meinem Herz fast unerträglich weh über unsere Kindheit zu reden. Es riss alte Wunden wieder auf, die ich versucht hatte zu kitten, doch für Shion würde ich auch diesen Weg gehen, ganz egal wie sehr es mich schmerzte. Wo sollte ich ihn nur hinbringen? Wir flogen durch den Regen, doch ich wusste nicht wie lange ich uns noch in der Luft halten konnte, ohne irgendwo dagegen zu fliegen.

Als er begann, von unserer Kindheit zu reden, erinnerte ich mich sofort daran und nickte schwach. Ein leises Lachen kam von mir, es klang schwach. Aber sein Plan funktionierte. "Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen", kam es von mir, "Er hat sich so aufgeregt. Das war lustig. Ich vermisse die guten alten Zeiten."

Ich fühlte wie die Tränen in meinen Augen versuchten zu entkommen, als ich Shions Lachen hörte. Wie lange war mir das nicht mehr vergönnt gewesen? Doch ich hielt mich zurück und zwang mich dazu zu lächeln. Ich vermisse es auch... Falsche Worte! Wie er geflucht hat. So gar nicht Engelsmäßig. Oder wie Lucia versucht hat uns auf den Berg zu folgen und abgestürzt ist? Wir mussten sie Stunden lang suchen. Immer weiter und weiter trugen uns meine schweren Flügel. Ich musste landen. Nur wo?
(Besondere Orte/Thalberg)

Seine Worte ließen mein Herz schwer werden und mein Lachen wurde leicht traurig. "Oh ja, ich erinnere mich noch. Wir haben damals sehr viel Mist gemacht und die anderen gut und gerne ausgetrickst", erwiderte ich kurz darauf, meine Stimme nach wie vor schwach.
"Könnten wir doch nur wieder so sein wie damals, bevor…", brachte ich den einen Wunsch leise heraus, den ich schon so viele Jahre hegte.

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